Geographische Diversität durch lokale Banken und Sparkassen in Europa und ihre gesellschaftliche Auswirkungen / GDivEU
Als Lehre aus der Finanzkrise wird Diversität für die europäischen Bankensysteme empfohlen und auch von der Europäischen Kommission angestrebt (Ayadi et al. 2009, 2010, Schmidt 2009, Haldane und May 2011, Liikanen et al. 2012, Schmidt 2018, Kotz und Schäfer 2018, Gischer und Ilchmann 2018). Gleichzeitig deutet sich jedoch an, dass die Banken- und Finanzmarktregulierung der Europäischen Union (EU) eher zur Vereinheitlichung der Bankensysteme führt, anstatt Diversität zu fördern (Ferri und Neuberger 2018). Diversität im Bankenwesen hat zahlreiche Dimensionen, z.B. die Rechtsform bzw. Eigentümerstruktur, das Geschäftsmodell, die Größenstruktur oder die geographische Konzentration der Banken (Ayadi et al. 2009, 2010, 2011, Michie and Oughton 2013, Gärtner 2013). Eine Herausforderung bei der Beurteilung von Bankensystemdiversität stellt das Fehlen einheitlicher, vollständiger und über längere Zeiträume und für alle Länder verfügbarer Diversitätsindikatoren dar. So ermitteln Ayadi et al. (2019) etwa die Geschäftsmodelldiversität aus per Hand zusammengetragenen Bilanzdaten und berücksichtigen folglich nicht alle Banken Europas. Hierdurch werden kleinere Banken und Sparkassen weniger berücksichtigt, was vor dem Hintergrund ihrer kumulativen Bedeutung ein verzerrtes Bild ergibt (Gärtner und Flögel 2013). Das Forschungsvorhaben zielt darauf ab, das Verzeichnis der monetären Finanzinstitute der Europäischen Zentralbank (EZB) für die Ermittlung valider geographischer Diversitätsindikatoren zu nutzen, um die Frage der Vereinheitlichung der Bankensysteme bezogen auf die geographische Dimension beantworten zu können.
Ziel des Vorhabens
Anhand des Verzeichnisses der monetären Finanzinstitute (List of MFIs) der EZB, welche alle Banken in der EU listet, lässt sich die geographische Diversität einheitlich bestimmen. Im Rahmen der Bankenaufsicht erfasst das Verzeichnis alle MFIs in der EU, ist tagesaktuell und frei verfügbar. Es liefert folglich eine vollständige, verlässliche und aktuelle Auflistung aller MFIs der EU. Trotz der Verfügbarkeit wurde die „List of MFIs“ bisher nur selten zur Bestimmung der geographischen Diversität verwendet (Michie und Oughton 2013, Flögel und Gärtner 2018a). Das Projekt verfolgt das Ziel dieses Verzeichnis in Wert zu setzen und sowohl die Entwicklung der geographischen Bankensystemdiversität für Europa zu beschreiben als auch Indikatoren zur Messung geographischer Diversität zu entwickeln und zu testen. Hierzu gilt es zunächst den Datensatz aufzubereiten und zu verorten. Folgend sollen aus der Liste verschiedene Indikatoren berechnet werden, welche die geographische Diversität der Banken in den einzelnen Ländern bestimmen. Folgend wird die Erklärungskraft dieser Indikatoren explorativ getestet und es werden weitere Forschungsbedarfe skizziert.