Herausforderung Informationsgesellschaft

Herausforderung Informationsgesellschaft: Auswirkungen neuer Informations- und Kommunikationstechnologien auf die Beschäftigtensituation von Frauen. Wuppertal: Klüsener-Druck. Parlamentarische Staatssekretärin für die Gleichstellung von Frau und Mann: Dokumente und Berichte, Nr. 38

Fretschner, Rainer / Fuzinski, Alexandra / Hamburg, Ileana / Hartmann, Anja / Hübner, Michael R. / Klein, Martina / Nordhause-Janz, Jürgen / Otterbein, Michael / Scharfenorth, Karin / Weinkopf, Claudia

Herausforderung Informationsgesellschaft

Vorwort

Seit Anfang der 80er Jahre hat sich die Entwicklung im Bereich der neuen Technologien enorm beschleunigt. Diese “dritte technologische Revolution” wird zu einer tiefgreifenden Veränderung in Wirtschaft und Gesellschaft führen

Dies gilt auch und gerade für den Arbeitsmarkt. Die Zugänge zu und die Verfügung über technische Ressourcen und die Veränderung der gesellschaftlichen Kommunikation werden für den Umfang und die Art der Beschäftigung auch von Frauen von großer Bedeutung sein.

Ich habe deshalb beim Institut Arbeit und Technik in Gelsenkirchen die Untersuchung “Auswirkungen neuer Informations- und Kommunikationstechnologien auf die Beschäftigungssituation von Frauen” in Auftrag gegeben.

Die Studie stellt erstmalig auf breiter Basis den Zusammenhang zwischen dem Einsatz neuer Technologien und der Beschäftigungssituation von Frauen dar. Im Mittelpunkt stehen die Auswirkungen neuer Technologien auf Beschäftigung, Qualifizierung, Arbeit(zeit)formen und soziale Sicherung von Frauen

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, daß die neuen Technologien Chancen, aber auch Risiken für die Erwerbstätigkeit von Frauen beeinhalten.

Durch den Einsatz neuer Technologien verändern sich Aufgabenbereiche und Berufsbilder. Neue qualifizierte Tätigkeitsfelder entstehen. Frauen haben gute Ausgangspositionen, diese zu erobern, da sie bereits heute auf breiter Basis ( und mehr als Männer! ) Geräte und Anwendungen der neuen Technologien nutzen.

Durch den Einsatz neuer Technologien ist aber auch mit erheblichen Rationalisierungen in Bereichen zu rechnen, in denen heute meist Frauen arbeiten. Dies trifft vor allem Tätigkeiten im Dienstleistungsbereich und im gewerblichen Sektor.

Die neuen Technologien erhöhen die Möglichkeiten flexibler Arbeitszeitgestaltung und erlauben Arbeitsort und Betriebsstätte zu entkoppeln. Dies kann im positiven Sinn zu einer größeren Orts- und Zeitsouveränität von Beschäftigten führen; neue Arbeitszeitmodelle bieten die Chance, die traditionelle geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in Beruf und Familie aufzubrechen, wenn die Rahmenbedingungen entsprechend gestaltet werden

Gleichzeitig besteht die Gefahr, daß neue Technologien die weitere Verbreitung von scheinselbstständigen Tätigkeiten und ungeschützter Beschäftigung unterstützen. Eine Ausweitung nicht existenzsichernder Besschäftigung könnte wieder zu Lasten von Frauen gehen.

Ob sich der Einsatz neuer Technologien positiv auf die Beschäftigungssituation auswirken oder bestehende struktuelle Benachteiligungen von Frauen verstärken wird, wird von der künftigen Gestaltung der Informationsgesellschaft abhängen.

Offenkundig ist schon heute, daß grundlegende gleichstellungspolitische Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, zur Förderung von Mädchen und Frauen in technischen Berufen und zur gleichberechtigten Beteiligung von Frauen an Qualifizierungen verstärkt fortgeführt werden müssen.

Für viele Berufe werden Medienkompetenz und technische Qualifikation zunehmend wichtige Basisqualifikationen. Handlungsbedarf besteht deshalb in der schulischen und beruflichen Ausbildung und im Weiterbildungsbereich

Darüberhinaus sind alle gesellschaftlich Handelnden in der Verantwortung, geeignete Strategien und Maßnahmen zu entwickeln, die Chancen der Informationsgesellschaft zu nutzem und ihre Risilen zu vermeiden.

Ein erster Schritt wurde mit der vorliegenden Untersuchung getan

Die Chance, den technischen Fortschritt in den Dienst des sozialen Fortschritts und der Gleichstellung von Frau und Mann zu stellen, ist da. Diese Chance müssen wir nutzen.

Ilse Ridder-Melchers
(Ministerin für die Gleichstellung von Frau und Mann des Landes Nordrhein-Westfalen)