Altenpflege und Corona-Pandemie:
IAT legt Ergebnisse einer »Ad hoc-Studie« vor
Pressemitteilung vom 10.07.2020
Redaktion:
Claudia Braczko
Einrichtungen der Altenpflege und ihre Mitarbeitenden standen in den vergangenen Monaten vor besonderen Herausforderungen im Umgang mit der Corona-Pandemie. Das Institut Arbeit und Technik (IAT/ Westfälische Hochschule) hat in einer einrichtungs-, träger- und regionsübergreifenden »Ad hoc«-Studie untersucht, mit welchen konkreten Herausforderungen Entscheider in der Altenpflege konfrontiert waren, was aus ihrer Perspektive „erste“ Lehren und absehbare Konsequenzen aus den Erfahrungen mit der Corona-Pandemie sind. Beteiligt an der Studie, die in Kooperation mit KCR – Konkret Consult Ruhr durchgeführt wurde, waren insgesamt 80 Entscheidungsträger des ambulanten und stationären Pflegesektors aus Nordrhein-Westfalen.
Eine zentrale Unterstützungsressource waren vor allem fachliche und persönliche Netzwerke der befragten Entscheider. Wo die Altenpflege direkt in kommunale Krisenstäbe eingebunden war, wurde dies sehr positiv bewertet. Bemängelt wurde jedoch, dass dies nicht überall der Fall war. So scheiterten dringend benötigte Abstimmungsprozesse vor Ort nicht selten an fehlenden technischen Infrastrukturen oder daran, dass vorhandene Schnittstellen nicht funktionierten oder Nutzungsbeschränkungen drängende Kommunikations- und Abstimmungsprozesse erschwerten. Künftig, so eine Forderung aus der Studie, brauche es eine bessere Abstimmung und digitale Vernetzung der Behörden mit den Trägern vor Ort sowie eine proaktivere Einbindung der Pflege in lokale Beratungs- und Entscheidungsprozesse. Gefordert werden mehr gemeinsames und praxisnahes Krisenmanagement, neue Strategien der lokalen Verfügbarkeit und Verteilung von Schutzmaterialien sowie eine bessere digital gestützte Vernetzung von Trägern und den Gesundheitsbehörden vor Ort.
Die Ergebnisse der Studie zeigen zudem, dass Entscheider skeptisch sind, dass die Altenpflege von der öffentlichen Wertschätzung, die der Branche in der Corona-Pandemie entgegengebracht wurde, künftig profitieren kann. So wird befürchtet, dass dem öffentlichen Wertschätzungszuwachs nicht der notwendige Attraktivitätsgewinn durch eine strukturelle Aufwertung der Altenpflege folge. Insbesondere das hohe Teamengagement, mitarbeiterorientierte Kommunikations- und Motivationsstrategien wie auch die fachlichen Kompetenzen der Beschäftigten sehen die Entscheider als zentrale Bewältigungsressource. „Die Studienergebnisse liefern auch Hinweise darauf, dass wir die Folgen der Corona-Pandemie für die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Beschäftigten nicht aus dem Blick verlieren dürfen. Denn dies wird von den Entscheidern derzeit als „Black Box“ mit unklaren Folgen beschrieben“, sagt Michaela Evans, Leiterin des Forschungsschwerpunktes Arbeit und Wandel am IAT. Die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass vorhandene Kompetenzen, v.a. der Hygienefachkräfte, künftig eine größere Bedeutung und Beachtung in den Einrichtungen erfahren müssten. Vor allem Kompetenzen der Beschäftigten in den Feldern Hygiene, Prävention, Gesundheits- und Arbeitsschutz müssen künftig gestärkt und ausgebaut werden.
Den befragten Entscheidern zufolge hat die Corona-Pandemie einen Schub in Richtung Digitalisierung ausgelöst. „Das Problem ist jedoch, dass Investitionen in die digitale Infrastruktur auch mit Investitionen in das Personal verknüpft werden müssen. Denn um Technik erfolgreich nutzen zu können, braucht es den Auf- und Ausbau entsprechender Kompetenzen bei den Mitarbeitenden und organisatorische Gestaltungsspielräume“, so Denise Becka, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsschwerpunkt Arbeit und Wandel. Notwendig sei ein „Infrastrukturprogramm Digitalisierung für die Altenpflege“ in NRW, das u.a. die Themen „Kompetenzorientierte Vernetzung“ und „Digital gestütztes Lernen“ in den Blick nimmt.
Für weitere Fragen stehen Ihnen zur Verfügung:
Denise Becka(Arbeit & Wandel)
Michaela Evans-Borchers(Arbeit & Wandel)