CultNature - Bio-Montan-Park NRW / CultNature
Ziel und Aufgabenstellung
Ausgangslage
„CULTNATURE: BIO-MONTAN-PARK NRW“ ist ein Projekt zur nachhaltigen Stadt- und Regionalentwicklung in nordrhein-westfälischen Bergbaurückzugsgebieten, das vom Institut Arbeit und Technik in Zusammenarbeit mit RAG Montan Immobilien und NRWUrban sowie mit Kipar Landschaftsarchitekten und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus mehreren Hochschulen durchgeführt wird.
Im Ruhrgebiet und anderen Bergbaurückzugsgebieten hinterlässt der Bergbau oft Brachen und andere ungenutzte Flächen zurück, die kurz- und mittelfristig keiner neuen wirtschaftlichen Nutzung zugeführt werden können – vor allem dann nicht, wenn sie sich in einem wenig attraktiven Zustand befinden. Solche Flächen beeinträchtigen das Stadtbild und die Stadtentwicklung sowie die Standortqualität der betroffenen Orte. Wenn überhaupt, dann sind sie zumeist nur für Unternehmen attraktiv, die wenig zum Strukturwandel und die Entwicklung einer wettbewerbs- und zukunftsfähigen Wirtschaft beitragen.
Um die Flächen attraktiver zu machen und Stadtbilder zu verbessern, werden sie in vielen Fällen in Form von Parks rekultiviert. Das folgt der Leitidee der Internationalen Bauausstellung Emscher Park, Brach- und andere Freiflächen zu vielseitig nutzbaren Parklandschaften zu entwickeln und damit eine neue urbane Qualität zu schaffen.
Das Konzept
CultNature nimmt die Leitidee der Internationalen Bauausstellung Emscher Park auf und führt sie unter den Zeichen von Energiewende und ökologischer Erneuerung der Industriegesellschaft weiter. Zudem stellt Cultnature die Leitidee der IBAEmscher Park auf eine neue finanzielle Basis, die weitgehend ohne öffentliche Mittel auskommt, und verbindet sie mit neuen wirtschaftlichen Perspektiven.
CultNature beruht auf einer einfachen Idee: Die vielen Industriebrachen, die die gegenwärtigen Industrieregionen (wie beispielsweise das Ruhrgebiet) zu einer gestörten Landschaft machen, zu Biomasse-Parklandschaften (Biomasse-Parklandschaften) und zu attraktiven Stadträumen zu entwickeln. Dazu verknüpft „CULTNATURE: Bio-Montan-Park NRW“ zwei schon praktizierte Sanierungskonzepte miteinander. Das erste Konzept ist die Entwicklung von Brachen zu Parks; diese ist bisher aber nur mit öffentlichen Mitteln machbar. Das zweite Konzept ist die Nutzung von Brachen für die Gewinnung von Biomasse, die wiederum wenig zur städtebaulichen Qualität beiträgt. Die Bio-Parklandschaften des CULTNATURE-Konzepts dagegen schaffen wirtschaftlich nutzbare und dennoch im Sinne der Stadtentwicklung hochwertige Flächen. Diese Flächen können gerade wegen ihrer hohen städtebaulichen Qualität auch attraktive Industriestandorte darstellen, ohne dass dadurch das Stadtbild leiden muss.
Diese Leitideen sollen in dem Projekt „Bio-Montan-Park NRW“ bezogen auf die nordrhein-westfälischen Bergbaurückzugsgebiete so weit konkretisiert werden, dass sie von Städten und anderen Akteuren für eine nachhaltige Entwicklung ihrer Standorte genutzt werden können. Um die Entwicklung in den Bergbaurückzugsgebieten rasch und breit voran zu treiben, sollen in dem Projekt nicht nur Konzepte entwickelt und Modellprojekte durchgeführt, sondern auch die Netzwerke von Akteuren aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft aufgebaut werden, die für die breite Ausgestaltung dieser Projekte und Konzepte notwendig sind.
Biomasse-Parklandschaften
Biomasse-Parklandschaften sind ein moderner Park-Typ, welcher eine land-, forst- und energiewirtschaftliche Nutzung mit einem hohen landschaftsarchitektonischen und landschaftskünstlerischen Anspruch verbindet und dadurch Flächen für Freizeit, Wohnen oder wirtschaftliche Nutzung attraktiv macht.
Die Parkanlagen sollen neue Freizeitmöglichkeiten schaffen, die Gehölz- und Gräserpflanzungen sollen wirtschaftlich für die Erzeugung von Biomasse genutzt werden, die energetisch oder stofflich verwertet wird. Gleichzeitig dienen sie der Verbesserung der CO2-Bilanz des Ruhrgebiets und schaffen Ausgleichsflächen. Diese Rekultivierung kann so gestaltet werden, dass sie der lokalen und regionalen Wirtschaft anhaltende Innovations-, Wachstums- und Beschäftigungsimpulse vermittelt.
Die nach dem CultNature-Konzept geschaffenen Biomasse-Parklandschaften sollen so weit wie möglich zu produktiven Parks entwickelt werden – also einer Nutzung für wirtschaftliche Aktivitäten und Wohnen zugeführt werden. Sie sollen so gestaltet werden, dass sie trotz des durch den Rückzug des Bergbaus erzeugten wirtschaftlichen Niedergangs und einer oft schwachen Nachfrage nach Flächen attraktive Standorte für Unternehmen bilden und so für eine „Standortattraktivierung gegen den Trend“ genutzt werden können. Nicht zuletzt soll sie den Bergbaurückzugsgebieten neue Innovations-, Wachstums- und Beschäftigungsimpulse vermitteln.
Die Erzeugung und Verwertung von Biomasse soll die Kosten für den Aufbau und den Erhalt der Parklandschaften zumindest zu einem großen Teil decken. Sie soll ehemalige Bergbauflächen attraktiver und werthaltiger machen. Darüber hinaus soll sie einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung leisten.
Flächen
Im Rahmen von CULTNATURE soll die Stadtentwicklung über die Gestaltung von Flächen positiv beeinflusst werden. Flächen sind deshalb das „Kernprodukt“ von CULTNATURE.
Das zentrale Merkmal einer CULTNATURE-Fläche ist die Verknüpfung einer Nutzung für die wirtschaftliche Gewinnung von Biomasse mit einer anspruchsvollen Landschaftsarchitektur und Landschaftskunst. Brachflächen und andere unattraktive Freiflächen im städtischen Raum sollen zu Flächen werden, die ästhetisch und von ihren Nutzungsmöglichkeiten her für Freizeit und andere Aktivitäten sowie als Wirtschaftsstandorte attraktiv sind. Mit solchen Flächen lassen sich attraktive Stadtbilder gestalten.
Die Gestaltung von ehemaligen Bergbauflächen ist oft durch Widersprüchlichkeiten und Spannungsfelder geprägt. Dadurch wird die Planung und Entwicklung der Flächen zu einem anspruchsvollen Prozess der Prioritätenbildung und der optimalen Realisierung unterschiedlicher Ansprüche und Anforderungen. Darin liegt jedoch weniger ein Problem als eine Chance – eine Chance für die Entfaltung von Lern- und Innovationsprozessen, die neue Einsichten und Erkenntnisse hervorbringen und neue Lösungsmöglichkeiten realisieren.
Im Ruhrgebiet und in den übrigen nordrhein-westfälischen Bergbaurückzugsgebieten gibt es ein beträchtliches Flächenpotenzial für CULTNATURE. Dazu gehören nicht nur die in Flächennutzungsplänen als Brachen oder Freiflächen ausgewiesenen Flächen, sondern auch viele Flächen, die in den Flächennutzungsplänen oder sogar in Bebauungsplänen schon einer neuen Nutzung zugeführt sind, tatsächlich aber nicht entsprechend genutzt werden.
Akteursnetze
Ein zentraler Bestandteil des Projekts ist der Aufbau von Akteursnetzwerken. Stadt- und Regionalentwicklung ist ein komplexer Prozess, der sich in mehreren Dimensionen abspielt und durch eine Vielzahl von staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren mit teils widerstreitenden Interessen geprägt wird. Die beteiligten Akteure werden mit baulich-räumlichen, sozialen, kulturellen, ökonomischen und rechtlichen Fragen konfrontiert, die sie aus ihren jeweiligen Kontexten heraus bewerten und denen sie unterschiedliche handlungsleitende Prioritäten beimessen müssen. Planungs- und Entscheidungsprozesse in der Stadtentwicklung sind angesichts dieser komplexen Akteurs- und Interessenlage von lokalen und regionalen staatlichen Akteuren nur begrenzt steuerbar. Anspruchsvollen Maßnahmen und Projekte der Stadtentwicklung ist zumeist nur dann Erfolg beschieden, wenn es gelingt, sie breit mit kommunalen und anderen Akteuren zu vernetzen.
Das Projekt wird als interaktives Entwicklungs- und Gestaltungsprojekt angelegt. Wichtige Akteure für den Aufbau von Akteursnetzwerken und zur Initiierung von Planungs- und Umsetzungsprozessen werden von Anfang an in das Projekt und in die Konzeptentwicklung einbezogen.
Vorgehen
Ziel des Projekts „CULTNATURE: BIO-MONTAN-PARK NRW“ ist die Entwicklung und Erprobung eines wirtschaftlich tragfähigen Konzeptes zur Nutzung dieser Brachen für eine nachhaltige Stadtentwicklung. Dazu soll
- das CULTNATURE-Konzept im Rahmen einer Potenzial- und Machbarkeitsstudie konkretisiert,
- das konkretisierte Konzept in Pilotprojekten „experimentell“ erprobt,
- die für die Erprobung und eine anschließende breite Umsetzung des Konzeptes notwendigen Akteursnetzwerke und Prozesse aufgebaut, und
- aus den Ergebnissen und Erfahrungen des Projektes umsetzungsfähige Vorschläge für die Stadt- und Regionalplanung in den nordrhein-westfälischen Bergbaurückzugsgebieten entwickelt werden.
Im Rahmen des Projekts wird zunächst eine Potenzial- und Machbarkeitsstudie durchgeführt, in welcher das Konzept und seine „Philosophie“ zu einem detaillierten Leitbild ausgearbeitet und die für die Umsetzung dieses Leitbildes relevanten und sinnvollen Bedingungen in den nordrhein-westfälischen Bergbaurückzugsgebieten und deren Umfeld sowie Projekte und Aktivitäten in Nordrhein-Westfalen erhoben werden. Darauf aufbauend werden die bestehenden Potenziale für die Realisierung des Konzepts und die Möglichkeiten, diese Potenziale zu nutzen und zu entwickeln, untersucht. Die Studie soll schließlich in eine umsetzbare Strategie zur Nutzung von Bergbaubrachen, für eine nachhaltige Stadtentwicklung sowie zu einer darauf aufbauenden Entwicklung von Wirtschaft, Beschäftigung und Innovation in Bergbaurückzugsgebieten zusammengeführt werden. Wichtige Komponenten des Konzepts und der späteren Strategie werden zusammen mit den Projektpartnern RAG Montan Immobilien und NRW Urban in Pilotprojekten erprobt.
Beiträge von Projektpartnern (Veröffentlichungen des Projektteams siehe rechte Spalte):
Andreas O. Kipar: Bio-Montan-Park NRW: Modulsystem Bio-Parklandschaften
Andreas O. Kipar: Das Wabenmodell als städtebauliches Leitkonzept
Planergruppe Oberhausen: Städtebauliches Leitkonzept als Alternative zum Wabenmodell
mitSystem: Studie Agroindustrielles Leitkonzept
A. K. Lutzenberger: CultNature: paper. European Photovoltaik Conference and Exhibition, 2013, Paris