Online-Befragungen: Methodische Aspekte / OnBeMA

Ziel und Aufgabenstellung

Online-Befragungen im Rahmen der Sozialforschung haben in den letzten Jahren in dem Maße an Bedeutung geworden, in dem sich die private Nutzung von Computern verbreitet und ihr alltäglicher Gebrauch Akzeptanz gefunden hat. Die Voraussetzung jeder Teilnahme an Online-Befragungen ist der Zugang zum Internet. Dieser ist in den letzten Jahren in Deutschland kontinuierlich gestiegen. Nutzten 1997 noch lediglich 6,5 % der Bevölkerung das Internet so waren es bei Beginn des Lohnspiegelprojektes bereits 55,3 %. 2009 nutzen mit 67,1 % ca. zwei Drittel der Bevölkerung zumindest gelegentlich das Internet.

Der Anteil der Online-Befragungen in Deutschland ist zwischen 2000 and 2007 von 3% auf 27% gestiegen. In den USA wird mittlerweile jede dritte Befragung online durchgeführt. Seit 2004 haben Online-Interviews schriftliche Befragung verdrängt und als Befragungsform nach den telefonischen Befragungen in der Rangliste den zweiten Platz eingenommen Es wird erwartet, dass für die Mehrheit aller Befragungen in Zukunft die Möglichkeiten des World Wide Web genutzt werden. Mittlerweile existieren verschiedene Verfahren von Online-Befragungen. Fragebögen können per E-Mail verschickt oder auf einem Webserver abgelegt und online ausgefüllt werden.

Zu deren unmittelbaren Vorteilen zählen Geschwindigkeit, Kostenersparnis und potentielle Internationalität. Sie erlaubt zudem orts- und zeitunabhängige Befragungen sowie eine kontinuierliche, standardisierbare Datenerfassung. Multimediale Hilfsmittel können problemlos in die Befragungen integriert werden. Interviewereffekte und Aufwand der Dateineingabe entfallen. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil liegt darüber hinaus in der hohen Akzeptanz bei den Befragten, die über die vollständige Freiwilligkeit (jederzeit ist der Abbruch der Befragung möglich) sowie über eine hohe Anonymität und schließlich die selbstbestimmte Wahl des Zeitpunkts erreicht wird. Durch entsprechendes Posting sowie über breite Medienarbeit können sehr breite Zielgruppen erreicht werden.

Diesen Vorteilen stehen, darüber herrscht in der Forschung Einigkeit, einige spezifische Einschränkungen gegenüber. Deren wichtigste ist sicherlich, dass die Teilnahme an webbasierten Umfragen den Zugang zum sowie die Kenntnis der Nutzung des Internets voraussetzt. Diese Stichprobenproblematik schließt ein, dass die Identität der Befragten unklar bleibt und Mehrfachteilnahmen nicht vollständig auszuschließen sind. Damit verknüpft stellt sich die Frage der Repräsentativität. Die mangelnde Repräsentativität wird als einer der größten Nachteile der Online-Befragungen gesehen. Von Repräsentativität ist die Rede, wenn anhand einer Stichprobe zutreffende und generalisierbare Aussagen über die Grundgesamtheit getroffen werden können. Bei fehlender Repräsentativität ist keine Verallgemeinerung der Befragungsergebnisse auf die Grundgesamtheit möglich.
Es bleibt festzuhalten, dass freiwillige, selbstadministrierte Online-Befragungen zweifelsohne Stichprobenproblematiken aufweisen, die den Gegenstand kontroverser Diskussionen in der einschlägigen Literatur bildet. Die vorhandenen Lösungsansätze wie Gewichtung und Einbeziehung von Referenzstudien bieten aber keine befriedigende Lösung des Problems an. Verzerrungen bei Online-Befragungen bleiben weiterhin bestehen. Im Rahmen der EU-Netzwerkes „COST“ werden die Gewichtungsproblematik und Lösungsansätze in Bezug auf Online-Befragungen diskutiert und evaluiert. Beteiligt sind an diesem Netzwerk Wissenschaftler aus zehn EU-Ländern. Anhand unterschiedlicher Datensätze werden methodische Aspekte Online-Befragungen diskutiert und die Ergebnisse veröffentlicht.

Vorgehen

Das Netzwerk für Online-Befragungen befindet sich in der Antragsphase. Angestrebt wird eine Externfinanzierung im Rahmen des EU-Programms „European Cooperation in the field of Scientific and Technical Research (COST)“. Wie aus den bisherigen Anfragen ans IAT ableiten lässt, werden Kompetenzen und Referenzen in Bezug auf Online-Befragungen bei den Projektausschreibungen und Anträgen eine Schlüsselrolle spielen. Durch Teilnahme an das EU-Netzwerk wird das IAT von den Erfahrungen aus anderen Ländern sowie über den Stand der Forschung viel profitieren.

Online-Befragungen setzen gewisse Hardware- und Software als Infrastruktur voraus. Hardware ist im IAT weitgehend vorhanden und bildet somit kein großes Hindernis. Mittlerweile stehen zur wissenschaftlichen Zwecke zahlreiche kostenlose Programme zur Verfügung. In der ersten Projektphase werden diese nach Anwendbarkeit hin überprüft und evaluiert. Parallel dazu findet auch ein Erfahrungsaustausch zwischen Netzwerkteilnehmern in Bezug auf Softwarelösungen statt. Im Rahmen des Netzwerkes werden methodische Aspekte diskutiert und evaluiert. Bei möglicher Externfinanzierung werden zahlreiche internationale Workshops und Konferenzen geplant. Geplant werden auch Aufbereitung weitere Projektvorschläge, um Finanzierung der Netzwerkaktivitäten sicherzustellen.