Beschäftigung im Handel. Erfordernisse und Ansatzpunkte für eine NRW-Handelspolitik / BeHa

Ziel und Aufgabenstellung

Mit 877.000 Beschäftigten stellte der Groß- und Einzelhandel 1995 einen erheblichen Anteil der etwa 3,3 Millionen Dienstleistungsarbeitsplätze im Bundesland Nordrhein-Westfalen. Nordrhein-Westfalen ist das größte Handelsland in der Bundesrepublik Deutschland. Der Handel ist nicht nur ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, sondern als Bindeglied und Vermittler zwischen Produzenten und Konsumenten auch eine tragende Säule der globalen Vernetzung des Landes. Bei der Lösung von Beschäftigungsproblemen und bei der Modernisierung des Landes an der Schwelle zur Informationsgesellschaft kann er eine wichtige Rolle spielen. Gleichzeitig ist er aber auch mit massiven Struktur- und Modernisierungsproblemen konfrontiert, die er allein nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten lösen kann:

Zum Zeitpunkt des Projektstarts (1997) war festzustellen: Der Umsatz im Einzelhandel tritt seit mehreren Jahren auf der Stelle; schon das Erreichen des Vorjahresumsatzes wird in der Branche inzwischen als ehrgeiziges Ziel angesehen. Die Zahl der Beschäftigten ist rückläufig; zugleich finden erhebliche Verschiebungen von der Vollzeit- zur Teilzeitbeschäftigung statt. Für die Zukunft sind weitere, eventuell sogar dramatische Beschäftigungseinbrüche zu befürchten. So gehen einzelne Wissenschaftler davon aus, im Zeitraum von 1997 bis 2007 die Hälfte der vorhandenen Arbeitsplätze durch automatisierte Kassen, elektronische Zahlungsmöglichkeiten und Internet-Einkäufe ersetzt werden kann. Allerdings bilden solche technischen Rationalisierungsmöglichkeiten nur die eine Seite der Medaille. Es gibt auf der anderen Seite noch viele offene – und zum Teil Chancen eröffnende – Fragestellungen: und welchen Service erwarten die Verbraucher auch und gerade in Zukunft, obwohl in manchen Bereichen die Selbstbedienungsangebote zunehmen? Wie kann sich der Handel gezielt auf neue Trends der Individualisierung des Verbraucherverhaltens und der “Erlebnisgesellschaft” einstellen? Gibt es Chancen für neue Angebote, mit denen die reine Distributionsfunktion um weitere Dienstleistungen ergänzt wird? Sind neue Formen der Kooperation möglich, die den Kostendruck mindern?

Angesichts dieser Herausforderungen ist es wichtig, die regionalen Akteure aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft verstärkt nach neuen Instrumenten und Lösungsmöglichkeiten suchen. Zugleich ergeben sich aus der exemplarischen Analyse dieses Dienstleistungsbereichs wichtige Impulse für den übergeordneten Forschunsschwerpunkt “Entwicklungstrends im Dienstleistungssektor”. Beide Motive zusammen haben die Abteilung Dienstleistungssysteme bewogen, das von der Enquête-Kommission “Zukunft der Erwerbsarbeit” des Landtags von Nordrhein-Westfalen in Auftrag gegebene Gutachten zu den Perspektiven einer Handelspolitik zu übernehmen.

Vorgehen

Methodisch stützte sich die Studie auf die Analyse öffentlich verfügbarer Daten, die Auswertung wissenschaftlicher und praxisfeldbezogener Literatur sowie auf Experteninterviews. Die wichtigsten inhaltlichen Schwerpunkte der Expertise waren:

Aus der Erstellung dieser Studie ergaben sich weitere Arbeiten zur Beschäftigung im Handel, die auch über den hier angegebenen Projektzeitraum hinaus fortgeführt wurden. Hierbei handelte es sich um verschiedene zielgruppenspezifische Veröffentlichungen sowie die Mitarbeit im Beirat “Handel/Dienstleistungen” des RKW einschließlich der Beteiligung an der Planung und Durchführung des Kongreses “Zukunftsstrategien für den Handel (Bonn, 1999), aus dem das RKW-Memorandum “Eine Zukunft für den Handel” (2000) entstand.