Die Fallvignette ist eine geeignete Methode zur exemplarischen Darstellung der Lebenswirklichkeit und Bewertung örtlicher Verhältnisse einer Person. Vignetten können eingesetzt werden, um explizit die Perspektiven und Positionen üblicherweise schwach vertretener Interessensgruppen in der Quartiersentwicklung einzuholen und sie als aktiv handelnde Quartiersbewohnerinnen und Quartiersbewohner ernst zu nehmen. Zu den schwach vertretenen Interessengruppen gehören u.a.:
Fallvignetten können im Planungsprozess oder bei Bürgerbeteiligungsveranstaltungen eingebunden werden, um an konkreten Einzelfallbeispielen verschiedenartige Lebenssituationen darzustellen. Dadurch soll bei der Planung des Quartiers das Bewusstsein für die Lebenswirklichkeit und Perspektive einer speziellen Zielgruppe entstehen und öffentlich zugänglich gemacht werden.
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Mithilfe verschiedener Methoden (z. B. Quartiersbegehung, Einzelinterview, Fokusgruppeninterview, aufsuchende Befragungen, Sozialraumtagebücher) können Fallvignetten erstellt werden.
Diese können dazu genutzt werden, in Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligungsprozessen auf die Sichtweisen schwach vertretender Interessensgruppen aufmerksam zu machen und deren Sichtweisen einzubeziehen, ohne dass diese sich zwingend persönlich und öffentlich beteiligen müssen. Dadurch kann die Diversität im Quartier besser abgebildet werden. Menschen, die aufgrund von Einschränkungen, Barrieren im Zugang oder mangelnden Ressourcen (Zeit, Geld, Sprache etc.) werden so dennoch in öffentliche Veranstaltungen einbezogen.
Das Verfahren bildet exemplarisch subjektive Wahrnehmungen und Erfahrungen ab, Rückschlüsse auf die gesamte Zielgruppe sind nicht zulässig/möglich. Auf hinreichende Anonymisierung und Einverständniserklärung zur Veröffentlichung ist zu achten, da diese persönliche Details enthalten.
Die Methode eignet sich insbesondere dazu, die Perspektiven kleiner, in öffentlichen Beteiligungsverfahren schwach vertretener Zielgruppen einzubeziehen. Die Präsentation ihrer Lebenswirklichkeit und Sichtweisen kann zu mehr Empathie für die Lebenswelt einer spezifischen Zielgruppe führen und wichtige Planungshinweise liefern.
Netzwerk für Teilhabe, Inklusion, Selbstbestimmung und Assistenz (NITSA) e.V.: Fallvignetten zur Lebenssituation von Menschen mit Behinderung
In dem Projekt „Unsichtbares sichtbar machen - Eine Erhebung von Bedürfnissen, Fähigkeiten und Interessen von Senior*innen mit Unterstützungsbedarf im ländlichen Sozialraum“ wurden Interviews mit verschiedenen Beeinträchtigungen durchgeführt und deren Ergebnisse in Form von Fallvignetten dargestellt.
In dem Projekt „Lebenswelten entdecken“ wurde eine mehrstufige Sozialraumanalyse aus Sicht von Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen und Behinderungen (Sehbehinderung, geistige Behinderung, Demenz, Schlaganfallfolgen) durchgeführt. Die Ergebnisse wurden u.a. dazu genutzt, die Lebenssituation der interviewten Personen in kommunalen Planungsprozess und bei Bürgerbeteiligungsverfahren darzustellen.
„Lebenswelten entdecken“ und „Unsichtbares sichtbar machen“ sind Teilprojekte des BMBF Projekts SoPHiA der Katholischen Hochschule NRW Münster
Für die Präsentation der erarbeiteten Inhalte wäre eine gute Moderation sinnvoll. Moderierende können über eine Vielzahl von Internetplattformen gebucht werden und haben zum Teil unterschiedliche Schwerpunkte. Diese sind unterschiedlich gut für den Umgang mit der Zielgruppe geeignet.
Quartiersbegehung/-spaziergang
Stiehler, Steve; Fritsche, Caroline; Reutlinger, Christian (2012):
Der Einsatz von Fall-Vignetten. In: Sozialraum (4) Ausgabe 1/2012.
Schnurr, Stefan (2003):
Vignetten in quantitativen und qualitativen Forschungsdesigns. In: Otto, Hans-Uwe; Oelerich, Gertrud; Micheel, Heinz-Günter (Hrsg.): Empirische Forschung. Sozialarbeit – Sozialpädagogik – Soziale Probleme. 393-400, München: Luchterhand